Heidi Stiewink berichtet aus Burkina Faso / West-Afrika
Frau Heidi Stiewink, die sich im Moment in Burkina Faso / West-Afrika aufhält berichtet hier von Ihrer Reise. Da die Telefonverbindungen (und damit auch Email und Fax) sehr schlecht sind, ist eine ausführliche Berichterstattung erst nach Abschluss der Reise möglich. Hier, vorab, die kurzen Nachrichten, die uns unregelmäßig per Mail erreichen.
02.01.2009
Liebe Freundinnen und TIKATO-Freunde,
nun bin ich nach doch ziemlich schwerer Grippeerkrankung seit dem 24.12. auf dem Weg der Besserung. Mit Bernadette Kabré das erste Mal in Ouaga unterwegs. Die Temperaturen liegen bei 38 Grad und das muss erstmal verkraftet werden.
Am Flughafen empfing mich um 2.40 Uhr Etienne gleich beim Gepäckband (das war sehr hilfreich...) und natuerlich Bernadette. Michael kam auch gleich nachmittags, um mich willkommen zu heißen.Silvester habe ich mit Inga Nagel und Bernadette gemeinsam verbracht.
Bärbel Suppes hat mich gleich telefonisch willkommen geheißen und wir werden am Montag nach Koudougou gemeinsam fahren. Dann kann Bärbel Kindergarten und CET-Projekt in Augenschein nehmen und sich kundig machen. Sie wird am Dienstag den Bus zurück nach Ouaga nehmen; ich bleibe bis Donnerstag und fahre von dort aus mit Michael Yanogo nach Reo, um die Kollekten der Kirchengemeinden zur Aidshilfe aus 2008 mit 500 Euro zu übergeben und mehr von dem Projekt zu erfahren.
Die Vorbereitungen der Reise in 2009-2010 treffe ich danach mit Michael und Etienne Bazie.Für heute grüße ich alle herzlichst mit den besten Segenswünschen für 2009, Eure Heidi
06.01.2009
Liebe Freundinnen und Freunde,
während Ihr bei Kälte lebt, schmore ich bei 37 Grad und sogar im kühleren Koudougou leiden heute alle sehr.Bärbel Suppes und ich haben heute den Kindergarten besucht, dort sind 63 Kinder momentan. Hier ist weiter zuverlässige und auch für Michel und Sophie kalkulierbare Hilfe vonnöten.
Sorgen macht uns das CET, die Technikerschule. Hier reichen die 10.000 Euro pro Jahr keinesfalls aus, die von TIKATO und Langeoog jährlich kommen. Die Lehrer können monatelang nicht bezahlt werden; bleiben trotzdem an der Schule, weil hier eine besonders hohe Qualifikation gewährleistet ist. Die Kirchengemeinde Braunfels ist sehr wichtig für die Elektrikerklasse, hier ist dringend weitere Hilfe notwendig.
Es war ebenfalls eine große Hilfe, dass ich das Geld von Katharinas Klasse in Asslar und von Gisela Telgenbüscher außerdem für das CET geben konnte.
Die Preise steigen immer weiter. Gestern war in Koudougou kein Benzin zu bekommen, vorgestern in der Haupstadt hatten wir den ganzen Tag weder Wasser noch Strom.
Die Reisevorbereitungen für Katja, Katharina, Andreas und Peter beginne ich mit Etienne Bazie am Freitag, 9.01. für die Reise vom 27.12. bis 11.Januar.
Das ist nicht einfach, weil ODE eigentlich bis 6. 1. geschlossen hat. Wir werden deshalb voraussichtlich in KOUDOUGOU beginnen.
Übermorgen übergebe ich mit Michael Yanogo die kreiskirchliche Aids-Kollekte.
Seid alle herzlich gegrüsst von Eurer Heidi
11.01.2009
Eine ganz normale Nacht in Ouaga...
Draußen ist es kuehl. Die Burkinabe frieren, ziehen sich die Muetzen tiefer ins Gesicht. Ich atme auf:die Hitze des Tages entschwindet, macht der Kuehle der Nacht im Dezember Platz. Vollmond, 22 Uhr; solange wie möglich verweile ich draußen, höre den Muezzin per Lautsprecher zum Nachtgebet rufen, die Schreie der Hunde draußen außerhalb der Grundstücksmauer, Autobremsen quietschen und von gegenüber klingen lachende Stimmen junger Burkinabé an einer kleinen Bar: 5 Metallstühle, ein Tisch, burkinisches Bier Flag oder Brakina und Brot zum Verkauf.
Der Tag war wegen der Hitze und der vielen Gespräche anstrengend. Französisch geht nicht so einfach über die Lippen. So beschließe ich, mich in mein Zimmer bei Bernadette zurück zu ziehen. Sie schläft schon auf der Matte auf dem Boden--ihr Lieblingsplatz, "besser für den Rücken als die Matratze im Bett", sagt meine Freundin. Ich wasche meine vom roten Lateritstaub schmutzigen Füße mit einer Schale Wasser aus dem Reservoir--wie erfrischend. Der Ventilator läuft: 27 Grad im Raum. Bedeckt nur mit einem Pagne (großes buntes Tuch) versuche ich einzuschlafen. Es gelingt nicht. Zurück ins Bad. Lasse 3 kleine Schalen Wasser über den Körper laufen; der nasse Waschlappen
erfrischt das Gesicht.
Erneuter Schlafversuch; draußen kräht der Hahn; niemand versteht, warum er es nachts macht. 23 Uhr, noch immer kein Schlaf. Ich stehe auf, schreibe weiter Tagebuch. Bin sooo müde.
Lege mich hin, das Geräusch des Ventilators stört. Ausmachen, hinlegen, schlafen. Eine Stunde später : der Hahn kräht. Er ist ein Geschenk zum Jahreswechsel von einem Nachbarn. Ein Huhn gehört dazu. Es schläft. Aber der Hahn hat beschlossen, weiter zu krähen.
Vier Uhr, der Hahn macht mobil. Ich auch, schnappe meine Sachen, setze mich nach draußen, trinke kühles Wasser, lese und als ich dann so richtig bei 15 Grad durchkühlt bin, lege ich mich wieder ins Bett, bedeckt vom Pagne. Endlich schlafen. 3 Stunden später. Der Hahn kräht, der Muezzin ruft. Bunte Vögel singen ihr Morgenlied. Im Zimmer 25 Grad und draußen 15. Es war eine ganz normale Nacht in Ouaga.....
Ich beginne meinen neuen Tag in Ouaga. Der Hahn hat ihn nicht überlebt. Bernadette hat ihn zu unserem Abendessen verurteilt. Madi, der "Mann für alles", hat die Vorbereitungen dazu "erledigt".
17.01.2009
Liebe Freundinnen und Freunde in Deutschland, von Herzen grüße ich Euch aus Burkina Ich höre bei Euch von Glatteis und meine Knochen genießen die Wärme, aber die Hitze macht zur Mittagszeit doch recht zu schaffen Ich bin jetzt bei meiner deutschen Freundin Inga Nagel übers Wochenende und freue mich, mal endlich wieder an Mails zu kommen - von Freunden und allen Informationen von der Landessynode. Man hört in der Fremde gerne von Zuhause. Auf die Hessenwahl braucht man ja nicht sehr gespannt sein, leider...
Trotz der Hitze war ich natürlich in den aktuellen Projekten. Mit Etienne Bazie und Ruth gestern am Staudamm. Wilhelm wird nicht begeistert sein, Die Steine an der Staumauer sind wieder lose, ...
Die Neukonstruktion des Baus zur Fortbildung zur Trocknung von Früchten und Gemüse, der Alphabetisierung und der Gesundheitserziehung steht bereits. Ein Bassin zum Wasserreservoir ist gebaut und die Frauen holen täglich Wasser, 20 Liter auf dem Kopf tragend von der Barrage .Die Männer holen Sand und Steine, um dann die Steine für den Bau zu formen. Der Hangar für die Kinderbetreuung wird anschließend gebaut. Noch in diesem Monat soll mit dem Programm begonnen werden und der Animateur, ein "technicien agriculture", macht einen kompetenten Eindruck. Nachdem der Chef de Village, die Notablen und 100 Menschen mich begrüßt hatten, berichtete ich von uns Sechsen, die im Dezember auch eine Nacht bei Pastor David Ouedraogo übernachten werden. Mit ihm war es ein sehr herzliches Wiedersehen 84 jährig erfreut er sich "noch besserer Gesundheit als zuvor nach meinem Deutschlandbesuch", strahlt er. Ich hatte ihm einen Sack Reis mitgebracht für seine Familie. Der Preis ist schon wieder gestiegen.
Große Freude bereitete das Geschenk von Kurt Söhngen aus Braunfeld der 8 köpfigen Familie von Vater Michel:Er bekam das Charette mit dem Esel und die halbe Kirchengemeinde und der Pfarrer waren dabei, als dem jungen Esel zum sofortigen Arbeitseinsatz auf Feld und Garten das Charette angehängt wurde . TIKATO unterstützt eigentlich keine Einzelprojekte solcher Art, weil Projekte grundsätzlich einer größeren Region und damit zahlreichen Familien zugute kommen sollen: Bei Projekten ist grundsätzlich eine Kontrolle notwendig un die Nachhaltigkeit muss gewährleistet sein. Das ist man den Spendern schuldig und dem Grundsatz der Entwicklungshilfe:Wer aber soll das präzise und ausdauernd überprüfen.? So wird die große Liebe von Kurt Söhngen zu Eselprojekten in der Nachahmung zur Unterstützung Einzelner sicher eine Ausnahme bleiben müssen. Man belastet die Verantwortlichen sonst zu sehr mit der von uns einzufordernden Kontrolle. Weil mich mit dem "Überprüfer", Michael Yanogo, eine enge Freundschaft verbindet und er absolut integer ist, wird er diese Aufgabe Wahrnehmen können und wollen. Einen großen Dank soll ich an Kurt ausrichten und die Fotos, die ich machte, werden eine beredte Sprache sprechen.
Es gibt noch viel mehr zu berichten: Auf ein Weiteres könnt Ihr neugierig sein. Für heute herzliche Grüße von Heidi aus Burkina
18.01.2009
Es ist Sonntag 6 Uhr, die Sonne ist wieder da nach 12 Stunden Dunkelheit, sie nimmt das Land gefangen, bunte Vögel kreisen über Bougainvilla, Mangobäumen und Papayas. Der Hahn kräht und der Muezzin ruft.
Eine Stunde später: Kinder spielen lauthals Fußball auf der Straße. Ihr Lachen steckt an und macht müde Geister munter. Ein herzliches Winken über den Zaun zu mir in Ingas Garten und ein mehrstimmiges Fragen "Bonjour , ca va?" "Guten Morgen , geht`s gut?" wird gleichlautend von mir, der Weißen, beantwortet.
Große Freude bei den jeweiligen Gastgebern haben die TIKATO-Jahreskalender und die Weihnachtsteelicht-Folien ausgelöst, die Peter Graben für TIKATO machte und deren Restbestände ich hierher mitnahm. Vielen Dank an unseren einfallsreichen Webmaster! Seine und Katharinas Idee, eine "Boutique TIKATO" auf der Website TIKATO einzurichten und einen interessanten Shop damit ins Leben zu rufen, wird demnächst realisiert und kommt der TIKATO-Arbeit zugute.
KOKOLOGHO, ein Dorf auf der Route Ouaga Koudougou. Keiner von den Burkinareisenden hat es bisher besucht. Ich habe das Glück: der Kanton-Chef, "le grand Chef tradionel" ist Bernadettes Cousin und so können wir beide ganz allein eine Privataudienz bei ihm haben Bis hin zum Eheschlafzimmer und zu den traditionellen Zeremonien-Utensilien seines Vaters, der zuvor der Chef war, zeigt er mir. Er ist ein Intellektueller, ein sehr gut aussehender Mann; er hat nach dem Tode seines Vaters auf seine hohe Stellung in der modernen Gesellschaft verzichtet und dessen Platz eingenommen. Sein Sohn arbeitet in Limoges, Frankreich, als Arzt und wird wohl dann auch nach dem Tode seines Vaters als Chef de Village das Erbe übernehmen. Das "Palais", ein unglaublicher schöner Palastbau im sudan-sahelischer Bauweise errichtet ,ist im UNESCO_Weltkulturerbe übernommen und ein Paradestück alter königlicher Mossi-Kultur .17 Menschen leben dort, gerade wird für das traditionelle Empfangsfest seiner "Majestät" (ist die Anrede) massenweise rote Hirse zum Dolo (Bier)-braun getrocknet. Der große Hof mit seinen zahlreichen Rund-Hütten, dem traditionellen Thron aus Stein, den beiden großen Grabstätten der Eltern des Chefs und die Kühle im Palais faszinieren. Beim familiären Empfang durch das Ehepaar bekamen wir Cola oder Bier als Angebot Tradition und Modern prallen wie so oft aufeinander. Man arrangiert sich eben, nimmt schweigend zur Kenntnis und lernt fürs Leben. Jedenfalls geht es mir so. Außerhalb des Palais gibt es in einem Rondell errichtet etwa 15 Hütten Dort lebten in der Zeit des frühen 20.Jahrhunderts die bis zu 20 Frauen des "Chefs". Erst der Vater des jetzigen beschränkte sich als katholischer Christ auf eine Frau, wie auch der jetzige. Frauen betreten das Palais grundsätzlich von Osten, Männer von Westen.Sie begegnen sich nicht beim Besuch des Chefs.
Das war es für heute aus Burkina. Ich grüße Euch herzlichst am Sonntag. Ob es noch einen direkten Bericht geben wird, ist deshalb fraglich, weil in den Cybercafes die Verbindungen schlecht sind und die große Hitze dort bei den hohen Innen-Temperaturen nicht gerade das Angenehmste ist und Bernadette hat zu Hause keinen Internetzugang. Alles auch eine Geldfrage Mittwoch fahre ich nach Saponné, das ich ja seit 1981 schon mehrmals besuchte und gut kenne, weil Bernadettes Mann Simeon von dort stammt. Letztes Mal übergab ich von Präses Schneider einen "Fair-Fußball" der rheinischen Kirche und dieses Mal werde ich mir den Neubau der Schule auch ansehen. Sie soll voraussichtlich in diesem Jahr in Dienst genommen werden.
Mit sonntäglichem Gruß aus Burkina
Eure Heidi
Version 1.00
Evangelischer Kirchenkreis Braunfels - Arbeitskreis Brot für die Welt - TIKATO - Fon: 06446/595 - Email: info@tikato-burkina-faso.de