Eine Reise ins Land der Extreme zwischen Tradition und Moderne
„Burkina Faso braucht unsere Hilfe“

 

„Viele Wege auf unserer Erde sind steinig und voller Probleme. In Burkina sind sie viel größer, aber nicht unüberwindbar. Ich habe Menschen kennengelernt, die unsere Hilfe brauchen und zweifelsohne verdienen“, fasst Peter Balß aus Kraftsolms seine Erfahrungen der dreiwöchigen TIKATO -Projekt – und Begegnungsreise nach Burkina Faso zusammen. Der Arbeitskreis Brot für die Welt- TIKATO hatte erstmals für neue und jüngere Mitglieder eine solche Reise zum besseren Verständnis entwicklungspolitischer Arbeit und zur Vertiefung der partnerschaftlichen Beziehungen  organisiert. Ein Jahr lang hatten sich außerdem die 16 jährige Schülerin Katharina Graben (Bechlingen) und die junge Diakonin aus der Kirchengemeinde Nauborn, Katja Heikenwälder (Gießen) in TIKATO- Seminaren darauf vorbereitet. Als Organisatoren und Begleitung fuhren Wilhelm Wilmers und Heidi Janina Stiewink mit, scherzhaft und respektvoll vom kirchlichen ODE -Partner Etienne Bazié als „Veteranen der Burkina-Arbeit“ bezeichnet.

Sehr schnell stieß die Delegation auf die sich immer mehr öffnende Schere zwischen Arm und Reich. Zwischen Villen und dem neuen Präsidentenpalast, bei Silvester- Glimmer und Glamour, Luxus-Karossen und 5 Sterne-Hotels suchten sich die Eselkarren armer Bauern den Weg zum Markt, bettelten alte Frauen um ein wenig Brot. Viele Menschen leben nach der Überschwemmungskatastrophe im September noch immer in Zelten. Als sehr ungerecht empfinden die beiden jungen Frauen Katja und Katharina das Leben der Burkinabé. “Selbst die ärmsten Menschen hier sind so sehr gastfreundlich und hilfsbereit. Warum hilft  die Regierung ihnen nicht spürbarer?“, fragten sie mit bitterem Unterton und denken dabei auch an die Gerüchte über Korruption. Die große Anteilnahme und Hilfsbereitschaft kam hautnah, als ein Mitglied der Gruppe plötzlich ins Krankenhaus musste: Alle boten ihre Hilfe an, ob arm oder erwerbstätig.

Die Reisegruppe sann noch lange über das gerade Erlebte im Dorf Tiguendalgue nach. Die Weisen und Ältesten des Dorfes hatten sich mit dem „Chef de Village (Dorfchef“ unter dem großen Palaverbaum des Ortes mit der Gruppe zusammen gefunden. Zwei über Neunzigjährige kauerten auf dem Boden in durch den Sandsturm verstaubter Kleidung. Sie strahlten dabei eine solche Würde aus, als trügen sie wertvollste Festkleidung. Von der Zwangsarbeit während der französischen Kolonialzeit berichteten sie: “In unseren Kleidern haben wir die Steine gesammelt, sie auf den Weg gelegt; Wasser weit weg von den Brunnen getragen und dann mit unseren bloßen Füßen die Sand, Steine und Wasser gemischt und festgetreten, So funktionierte damals Straßenbau“. Und der andere ergänzte mit Freudentränen in den Augen: “Noch niemals waren Weiße hier und haben sich nach uns erkundigt. Doch Ihr kommt aus Deutschland und interessiert Euch für uns!“ In ihrer Jugendzeit und als Familienväter gingen sie zu Fuß nach Mali, eine Woche lang hin und eine Woche lang zurück mit 50 Kilo auf dem Kopf zum Markt, um Lebensmittel für Ihre Familien und Salz zu bekommen. Meistens ohne Schuhe an den Füßen.

Große Gemütsbewegung erlebte die Reisegruppe auch am TIKATO-Staudamm. Oder an dem Platz, wo dieser vor der Überschwemmungskatastrophe einmal war. Fast 1000 Menschen waren gekommen. Sie wollten die Wetzlarer TIKATO- Gruppe empfangen, die ihnen wie ein Hoffnungszeichen vom Himmel erschien mit ihrer Botschaft: “Wir wollen alles tun, um Euch den verloren gegangenen Staudamm durch eine Reparatur zurück zu geben. Viele, viele Menschen haben Tausende von Euro dafür gegeben. Aber es reicht noch nicht aus. Doch mit Gottes Hilfe und weiterer Spenden müssen wir es schaffen“(Ausführlicher Bericht folgt).

Die Gruppe war eine gute Wetzlar-Braunfelser Botschafterin. Sie überbrachte die in Blasbach von vielen Strickerinnen bis zum Alter von 90 Jahren hergestellten Söckchen, Mützen und Schals für Babys, Kinder, Erwachsene, Kindergärten und Gastfamilien. Sie veranlassten die Pflanzung von knapp 50 Mango- und Neembäumen in den Orten Pissila und Tikato, beim von heimischen Spendern finanzierten Ausbildungszentrum Eben Ezer, in Dörfern, in Saponé, in Koudougou im Kindergarten und an der Berufsschule (CET).

Dort freuten sich Direktor Michel Kabré und der Lehrer der Elektrikerklasse auch über den von einem Braunfelser Berufskollegen gesponserten hochwertigen Materialkoffer. Neuerdings gibt es beim CET auch eine von einer Schweizerin initiierte Informatikerklasse. “Ohne die TIKATO- Spender gäbe es unsere Schule nicht mehr“, machte Kabré dankbar deutlich.11.000 Euro Materialkosten kommen jährlich aus Langeoog und aus TIKATO- Spenden. Der Wetzlarer Löwenanteil kommt von einem Schöffengrunder Schreiner und Fachlehrer. Ein Aßlarer Spender hat eine hohe Summe für die Steine klopfenden Frauen mitgegeben und die Gruppe ist überrascht über die genaue Buchführung der früheren Gelder aus Braunfels. Ein Braunfelser Bürger spendet zum zweiten Mal einen Esel und ein dazugehörenden Karren. Der geht an einen 23 Jährigen. Aufgefordert von seinem Onkel zu einem Dankeswort stammelte der nur: “Ich sage später etwas. Ich zittere am ganzen Körper vor Dankbarkeit.“

Hoffnungszeichen gibt es auch auf dem Lande bei Projekten vom Partner  Michael Yanogo, Direktor von CEAS (Ökologisches Zentrum Albert Schweitzer). In einer Kirche bringt Sonnenenergie Licht ins Dunkel; eine weitere Kollektoren-Anlage füllt Autobatterien und Handys auf. In der Dürre konnte eine Wasserleitung fürs Dorf dank einer Bierbrauerei abgezweigt werden. Yanogo wird eine kleine, gemeinnützige ONG (Nicht Regierungs-Organisation) in diesem Jahr gründen, wenn er in den Ruhestand geht. Damit könnte er ein weiterer Partner neben ODE und dem CET im Bereich der Landwirtschaft, Gesundheit und Bildung für TIKATO werden. Frauen gründen einen Kindergarten, der absolut nichts hat, aber Kinder lehren und eine Mahlzeit geben will. Wie sehr freuten die sich über Blasbacher Strickwaren.

Die Fünf aus dem Raum Wetzlar-Gießen tauchten dieses mal tief in burkinische Traditionen ein. Ein sehr wenig besitzender, ehemaliger burkinischer Student lud in seine Familie ein und bereitete der Gruppe einen reichhaltigen Tisch.

Niemals war es Wetzlarer Besuchern gelungen, eine Privataudienz beim MORO Naba, dem seit Jahrhunderten regierenden Kaiser des Mossivolkes zu bekommen. Aufgrund der Fürsprache einer nahen burkinischen Freundin  wurde dies möglich und so fand sich die TIKATO- Gruppe an seiner Seite am weißen  Thron der ranghöchsten Persönlichkeit. Selbst Präsident Blaise Campaoré und seine Regierung hören auf den Rat des Kaisers.

Starke Eindrücke haben Spuren hinterlassen. Die nehmen die fünf TIKATO- Mitglieder zurück in Gemeinden, Kirchenkreise und Familien. Für  Katja Heikenwälder steht fest: “Ich komme Ende 2012 mit einer Gruppe gut vorbereiteter Jugendlicher wieder nach Burkina“. Und die sollen dort auch für ihr Leben lernen. Und sich dann vielleicht auch für die Entwicklungszusammenarbeit mit Burkina Faso einsetzen“.

 

 

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hinten v. l. Peter Balß und Wilhelm Wilmers, vorne Katja Heikenwälder, Heidi J.Stiewink und Katharina Graben

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Version 1.00

Evangelischer Kirchenkreis Braunfels - Arbeitskreis Brot für die Welt - TIKATO - Fon: 06446/595 - Email: info@tikato-burkina-faso.de

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