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Wetzlar.stie. Zwei Wochen war Bernadette Kabre aus Ouagadougou im Raum Wetzlar als langjährige Partnerin zu Gast. Es war ihre sechste Reise nach Wetzlar zu TIKATO in den Kirchenkreis an Lahn und Dill. Dabei kam sie mit vielen Menschen von drei Jahren bis über 80 in Kontakt. Mit Vertreterinnen von Institutionen und Initiativen, Schulen und Kirchen, kommunalen und sozialen Einrichtungen vertiefte sie die langjährigen Verbindungen und knüpfte neue. Zahlreiche private Einladungen erreichten sie außerdem. Ihr Fazit: “Die Menschen hier haben mich nicht vergessen, viele Erinnerungen kamen hoch. Ich habe mich besonders wohl gefühlt bei diesen tiefen Beziehungen und dem Wissen der Menschen um mein Heimatland. Die fast 50 Jahre der Partnerschaft von TIKATO mit Burkina Faso haben ein starkes Fundament geschaffen. Mein Dank gilt allen, die trotz der eigenen Probleme wie Covid und Armut sowie der schwierigen Weltlage die Menschen im Sahelland nicht vergessen. Die von hier über ODE finanzierten Projekte und andere erleichtert den Menschen das Leben in Burkina sehr.“.
Bernadette Kabre fungierte immer auch bei TIKATO-Gruppenreisen in Burkina als fundierte Kennerin von afrikanischen Traditionen und vermittelte so den Gästen aus Mittelhessen einen Blick in die Mentalität.
Ideen mitnehmen und ein Stück Herz hierlassen Die eingeschränkten Finanzlagen vieler heimischer Menschen wurde der Partnerin besonders beim Besuch der Tafel in Niedergirmes deutlich, Das Gespräch mit Diakon Christof Maier über die erschwerte Lage der Ausgabestelle von Lebensmitteln wegen geringerer Gaben der Märkte und des Anstiegs der Abholenden durch die neue Klientel der Geflüchteten aus der Ukraine machten die Besucherin aus Westafrika nachdenklich; die lange Schlange der Wartenden vor der Lebensmittelausgabe erschreckte sie. Aus ihrem Land weiß sie: “Die Preise sind wegen des Terrorismus und des Klimawandels (ausbleibende Ernten) enorm gestiegen 15 bis 25 Prozent bei Grundnahrungsmittel wie Mais, Reis, Öl, ein gegrilltes Hähnchen kostet 9 Euro… Im Verhältnis zum Gehalt: Eine Erzieherin oder ein Lehrer: verdienen zwischen 150 und 300 Euro im Monat“.’
Kabre nimmt eine Idee aus Girmes mit: sie will einen kleinen Handel gebrauchter Spielgeräte und Spielzeug im Rahmen der Kindertagesstätten in der Hauptstadt anregen. Sie selber ist Ausbilderin von Erzieherinnen und Gründerin dreier Kinderkrippen mit Vorschulen seit elf Jahren. In Wetzlar hat sie seit längerer Zeit schon Kontakt mit der Kita im Johanneshof und der Leiterin Ingrid Müller. Die überraschte die Partnerin mit einer Delegation von Kindern in der Kreuzkirche („wegen Covid 19 lieber kein Besuch vor Ort“), einem Willkommenslied der Kleinen und drei klug ausgesuchten Kinderbüchern in deutsch-französischer Ausgabe. Bernadette Kabre selber ist Autorin zahlreicher Kinderbücher. Sie brachte den Kindern burkinische Köstlichkeiten vom Baobab (Affenbrotbaum)-Baum und aus Sesam zum Probieren mit. “Die Kinder haben begeistert von diesem Besuch den anderen und Zuhause erzählt“, freut sich KiTa-Leiterin Ingrid Müller.
Bei zahlreichen Kontakten erlebte der Gast aus dem Sahelland ein großes Interesse an der aktuellen Sicherheits-Situation und der politischen Zukunft wie zum Beispiel beim Gespräch mit dem Superintendenten Hartmut Sitzler und Ökumenepfarrerin Alexandra Hans (Wißmar): In der Frage des in Deutschland vor allem herrschenden Individualismus war man sich einig;“ In Krisensituationen funktioniert der nicht mehr gut“ und „wie bei Terror und Mord in Burkina und dem näherkommenden Krieg in der Ukraine suchen mehr Menschen wieder Gottesdienste auf, Kirchen und Moscheen sind noch voller als zuvor. Wir in Burkina sehen die Gemeinschaft als etwas Notweniges, Stärkendes an“.
Bei der TIKATOgruppe, den Konfirmanden in Nauborn mit Pfarrerin Hildegard Twittenhoff, beim Frühstück mit Gemeindegliedern und Pfarrerin Ellen Wehrenbrecht in Niedergirmes sowie beim Gedankenaustausch mit dem Partnerschaftsdezernenten der Stadt Wetzlar Karlheinz Kräuter und Isabel Kurz aus dem Kulturbüro gab es intensive Fragen. Darüber hinaus waren zum Beispiel die Schüler_innen der Goetheschule in Französisch Leistungskurs von Studienrätin Ulrike Hoppe und Bettina Orgis an weiteren Themen in Burkina interessiert: die der Rolle der Frau, Gründe der Armut, traditionelle Riten. Kabre berichtet von der starken Verteuerung, von abgeschaltetem Strom—sehr schwierig bei 45 Grad und die dann dadurch ausgeschalteten Klimaanlagen oder Ventilatoren. Letztere braucht man auch in den Kitas. Der Klimawandel hat die Temperaturen weiter im Durchschnitt steigen lassen. “Die intensive Nachfrage der Goetheschülerinnen nach meiner eigenen Kindheit haben mich sehr berührt,“ so Frau Kabre. Es ist eine andere als die der hier meist gut behüteten, sorglosen Kinder in Deutschland…
„Mit welcher Kraft und Intensität die TIKATOgruppe ständig mit uns im Kontakt bleibt und für die ODE- und anderen Projekten arbeitet, das bewegt mich sehr. Bitte bleiben Sie dran -es ist Allen eine große Hilfe“, betont der Gast. Seit 1981 erlebt Kabre durch die Freundschaft mit der TIKATO-Vorsitzenden Heidi J. Stiewink dies intensiv mit. Während ihres Aufenthalts in Wetzlar sei ihr Krieg in der Ukraine besonders nahe gekommen, „bei jedem Kontakt kam das Gespräch sofort darauf“ berichtet sie nachdenklich. Und dabei teilt sie auch die Angst der hiesigen Gesprächsteilnehmer_innen.
Kirchliche Ideen auch in Burkina nachahmenswert Als „ungeahnte Fülle“ erlebte die westafrikanische katholische Christin das Passions-und Ostergeschehen in Wetzlars evangelischen Kirchen. Schon der Wandelgottesdienst und der Garten der Sinne der Kreuzkirche hatte sie sehr beeindruckt. Sie nimmt die Idee mit, einen Baum aus ihrer Heimat hierher zu bringen, „weil Pfarrer Süß Bäume aus den fünf Kontinenten pflanzen möchte“ ; mit ihm verbindet der Gast schon seit Jahren ein intensives Miteinander. In einem bemerkenswerten Grußwort im Gottesdienst in der Kreuzkirche gab sie als erstes den Dank an alle Spender-innen weiter- ber auch Einblick in die erschreckende Terror-Situation und die große Angst in Burkina. 3000 Schulen sind zertrümmert oder geschlossen. Zeit- und regional erhalten die Kinder Lehrstunden über Radio. „Aber wenn man nicht rückfragen kann, ist das kein richtiger Unterricht“, so die Pädagogin. Man spräche inzwischen in Burkina von einer „verlorenen Generation“.
Begeistert berichtet Bernadette Kabre über die Feier am Gründonnerstag in der Gnadenkirche: “Noch niemals habe ich das letzte Mahl Jesu mit seinen Jüngern persönlich nacherleben dürfen-es war etwas ganz Großes“, sagte Kabre zu Pfarrer Christian Silbernagel in der Gnadenkirche. Im Dom die Brockes-Passion erleben zu können und den Bach-Kantatengottesdienst war ihr ein Geschenk:“ Welch ein musikalischer Reichtum ist den Deutschen eigen!“ strahlt sie als ehemalige Chorleiterin ihrer Kirche.
Dem Pastor Etienne Bazie -hier bekannter bisheriger ODE-Partner und seinem Nachfolger Alain Bako in Ouagadougou diesen auch geistlichen Reichtum der Osterzeit als neue Ideen für eine westafrikanische Kirche mit zu nehmen, ist ihr ein Anliegen. Und: „dass unsere Partnerschaft nicht an Kraft und Intensität verlieren wird“. 2024 feiert die TIKATO- Entwicklungszusammenarbeit mit Burkina Faso ihr 50 jähriges Bestehen. Da spätestens möchte sie gerne wieder nach Wetzlar kommen und unterstützend beim Jubiläum mitarbeiten.
Weitere Infos unter info@tikato-burkina-faso.de
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Bernadette Kabre erklärt die Situation und Traditionen in Burkina Faso (Foto Heidi J. Stiewink
Einige Mitglieder der TIKATOgruppe trafen sich mit der Partnerin in Naunheim (Foto Katrin Weber)
In Nauborn war sie zu Gast bei den Konfis und Pfarrerin Hildegard Twittenhoff (rechts) Foto Stiewink
Ganz besonders intensive Fragen stellten Goetheschülerinnen des Französisch Leistungskurses von Ulrike Hoppe (hinten Mitte) und Bettina Orgis (rechts. Links TIKATO-Vorsitzende Heidi J. Stiewink (Foto Goetheschule)
Beim Empfang im Kirchenamt Superintendent Dr. Hartmut Sitzler (2.v.r.) hatte eingeladen: v.l. Pfarrerin Alexandra Hans (Wißmar), Heidi J. Stiewink, Bernadette Kabre, rechts Pfarrer , der Naunheimer Pfarrer und TIKATO-Mitglied Andreas Engelschalk (Foto Jochen Gessner)
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